Was steckt hinter Aktionsforschung?
Aktionsforschung geht davon aus, dass Wissen nicht im stillen Kämmerlein entsteht, sondern direkt in der Praxis – indem man etwas ausprobiert, reflektiert und gemeinsam weiterentwickelt. Kennzeichnend ist der mehrfache Wechsel von Aktion und Reflexion. Zentral ist, dass Entscheidungen nicht von Einzelnen z.B. den Forschenden getroffen werden, sondern partizipativ von allen Projektbeteiligten.
Wie sah das in der Praxis aus?
Das Projekt folgte einem für die Aktionsforschung typischen zyklischen Ablauf mit den zentralen Phasen: Sozialraum- und Situationsanalyse, Entwicklung von Projektideen und der Umsetzung von Projekten (mehr dazu hier). Die Reflexion und deren Erkenntnisse nach der Umsetzungsphase leiteten den nachfolgenden Zyklus ein.
Die fünf Praxispartner:innen arbeiteten dabei eigenständig und wurden von den Forschenden und Fachpersonen der digitalen Jugendarbeit begleitet. Sie blieben dabei im regelmässigen Austausch – persönlich bei den jährlichen Netzwerktreffen und in regelmässigen digitalen Coachings zwischendurch.
Was haben wir daraus gelernt?
Aktionsforschung lebt vom Ausprobieren, Reflektieren und gemeinsamen Lernen. Im Projekt e_space haben wir herausgefunden, was den Prozess erleichtert und wo es Hürden gibt:
Erfolgsfaktoren – Was hat uns vorangebracht?
Ein entscheidender Erfolgsfaktor war die enge, persönliche Begleitung der Praxisteams durch die Forschenden und Fachpersonen der digitalen Jugendarbeit. Diese regelmässigen Coachings wurden praxisnah und hilfreich empfunden. Die flexiblen und regelmässigen Treffen gaben dem Projekt immer wieder neuen Antrieb und halfen am Ball zu bleiben.
Auch der Austausch zwischen den verschiedenen Jugendeinrichtungen war wertvoll. Eine Teilnehmerin beschrieb die Netzwerkanlässe als eine Art „Marktstand“: Man konnte sehen, was andere ausprobieren, sich inspirieren lassen und Ideen für die eigene Arbeit mitnehmen, ohne alles selbst testen zu müssen.
Weitere zentrale Erfolgsfaktoren waren die zyklische Arbeitsweise, die es erlaubte, Erfahrungen direkt zu reflektieren und in die nächsten Schritte einzubringen, die aktive Partizipation der Praxispartner:innen, die Verantwortung und Mitgestaltung ermöglichte, sowie die Methodenvielfalt, durch die bekannte und neue Verfahren kombiniert wurden. Dadurch entstanden neue Perspektiven für die Praxis.
Herausforderungen – Wo lagen die Hürden?
Eine zentrale Herausforderung war der ständige Balanceakt zwischen Offenheit und Struktur. Einerseits brauchte es genügend Gestaltungraum, um neue Ideen entstehen lassen zu können und aktive Mitbestimmung zu ermöglichen – ein zentraler Aspekt partizipativer Forschung. Andererseits führte diese Offenheit manchmal zu Unsicherheit. Eine Teilnehmerin beschrieb das Gefühl, am Anfang „in der Offenheit geschwommen“ zu sein. Es zeigte sich, dass eine gute Mischung aus Offenheit und klaren Projektstrukturen wichtig ist.
Typisch für Aktionsforschung trat auch die Herausforderung auf, zwei Welten zu überbrücken: die Welt der Forschung mit ihren Plänen und Methoden und die dynamische Alltagspraxis der Jugendarbeit. Diese unterschiedlichen Realitäten zu überbrücken, war nicht immer einfach.
Ein weiteres Spannungsfeld zeigte sich in der Partizipation und Machtverhältnissen: Nicht alle Entscheidungen konnten gemeinsam getroffen werden und implizite Hierarchien oder Kontrolle über Budgetmittel erzeugten teilweise Unsicherheiten. Die Rollen und Zusammenarbeit waren dabei dynamisch und erforderten eine kontinuierliche Reflexion.
Eine grosse und anfangs unterschätzte Hürde war die Sprachbarriere zwischen den deutsch- und französischsprachigen Projektpartner:innen. Schnell wurde klar, dass es nicht nur um das Übersetzen von Wörtern ging, sondern auch um unterschiedliche Fachbegriffe und konzeptionelle Verständnisse.
Auch die Rahmenbedingungen wie begrenzte zeitliche Ressourcen, unterschiedliche strukturelle Voraussetzungen in den Regionen und Organisationen sowie personale Veränderungen in den Teams der Projektpartner:innen stellten das Projekt immer wieder vor Herausforderungen.
Trotz dieser Hürden war das Projekt für alle Beteiligten ein wertvoller Lernprozess. Es hat die Potenziale, aber auch die hohen Ansprüche und Herausforderungen einer solch engen Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis deutlich gemacht.
Weiterlesen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem Projekt e_space: https://www.sozialraum.de/das-forschungs-und-entwicklungsprojekt-e-space.php
Weiterlesen zu Geschichte und Theorie der Aktionsforschung: https://www.buergergesellschaft.de/praxishilfen/aktivierende-befragung/ein-blick-in-die-geschichte/originaltext-aktionsforschung/entwicklung-und-theorie
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